Unsere Heimat und
einzigartige Kulturlandschaft gestalten
Internationale Konferenz in Wilhelmshaven verstärkte die
Zusammenarbeit zum Erhalt unserer Landschaft und Kultur in der
Wattenmeerregion
Über Bedeutung, Nutzung und
Erhalt unserer historischen Kulturlandschaften und unseres kulturellen
Erbes debattierten heute in Wilhelmshaven 50 Experten und
Interessierte aus Dänemark, den Niederlanden, England und Deutschland.
Das internationale Wattenmeersekretariat hatte die Veranstaltung im
Terramare als Abschluss des EUkofinanzierten Projektes LancewadPlan in
Wilhelmshaven organisiert.
Die Kulturlandschaft in der Wattenmeerregion ist weltweit von
herausragender Bedeutung und in ihrer vieltausendjährigen Geschichte
einzigartig. Wurten, alte Deichlinien, Wallhecken, historische
Feldstrukturen sowie Polder und Köge prägen die Landschaft entlang
unserer Küste. Auf Basis einer Kartierung von Kulturgütern und
besonderen Landschaftselementen wurde das Projekt LancewadPlan 2004
ins Leben gerufen, um ihre Bedeutung und Charakteristika hervorzuheben
und auf überregionaler Ebene Vorschläge zum sorgsamen Umgang mit
diesen Werten zu erarbeiten.
In den drei Jahren internationaler Kooperation hat das Projekt
Erstaunliches geleistet. Die gesamte Wattenmeerküste wurde in 60
Kultureinheiten treffend charakterisiert, auf regionaler und lokaler
Ebene kam eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Landschaftsplanern
zustande. Kleinprojekte im Kulturtourismus wurden initiiert und
Informationskampagnen zusammen mit Museen durchgeführt.
Ein bedeutendes Ergebnis ist auch die Zusammenstellung eines
Handbuches mit guten Beispielen aus der Praxis, wie in den
Wattenmeerländern die Kulturgüter genutzt und geschützt werden können.
Den Schwerpunkt bildet ein transnationaler Managementplan zum Erhalt
und der Entwicklung der Kulturlandschaft. Hier werden Visionen und
Strategien für die kommenden 30 Jahre dargelegt und Empfehlungen für
Projekte gegeben. Diese umfassende Strategie wurde in den vergangenen
Wochen in regionalen Konferenzen in den beteiligten Ländern
vorgestellt, diskutiert und als Rahmenwerk für zukünftiges Handeln
angenommen.
Die Ergebnisse des LancewadPlan Projektes bildeten den Einstieg in
eine Reihe von hochinteressanten Vorträgen und lebhaften Diskussionen
zu brisanten Fragestellungen, die im Umgang mit unserem kulturellen
Erbe entstehen.
Professor Ludwig Fischer aus Hamburg gab als Experte einen Abriss über
den historischen Wandel in der Betrachtung und Bewertung von Natur und
Kulturlandschaften in der Wattenmeerregion. In der Frühzeit wurden
Natur und Landschaftselemente noch als wild und bedrohlich empfunden.
Diese Sichtweise wandelte sich später hin zur sinnlichen, erhabenen
Ansicht, zu einem Leben mit der Natur und zu einem gestalterischen
Umgang, der unsere heutige Kulturlandschaft hervorgebracht habe.
Englische Kollegen analysierten mit einem Blick von außen die
charakteristischen Merkmale dieser Landschaft und hoben ihre
einzigartige Bedeutung auch auf internationaler Ebene hervor. Bei all
den kleinräumigen Eigenarten haben die Marschen der Wattenmeerküste
von Dänemark bis Nordholland doch eine wunderbare, gemeinsame
Entwicklung erfahren, dessen Zeugen und heutigen Schätze es auch
gemeinsam zu schützen gelte. Als einen Vorteil für die regionale
Entwicklung hoben sie die Potenziale hervor, die in unserer
Kulturlandschaft stecken und die es sinnvoll und umsichtig zu nutzen
gelte.
Die Landschaftsarchitektin Vibeke Nellemann aus Kopenhagen machte
deutlich, dass eine detaillierte Landschaftscharakterisierung für die
weitere regionale Planung unverzichtbar ist. Nur wenn man die
Charakterzüge der Landschaft und ihrer Werte ins rechte Licht setzte,
könne man dies in der Raumplanung berücksichtigen. Die umsichtige
Planung komme dann natürlich der Bevölkerung zu Gute, die sich mit
ihrer Landschaft und Heimat identifiziere.
Schließlich umriss der historische Geograph Willem Foorthuis aus
Groningen den prägenden Einfluss der Landwirtschaft auf die
historische und aktuelle Entwicklung der Kulturlandschaft.
Feldstrukturen, Entwässerungssysteme sowie Polder und Köge zeugen bis
heute davon. Mit der heutigen, industriellen Landwirtschaft vollziehe
sich der Wandel der Landschaftsmerkmale jedoch so rasant, dass hier in
Kooperation mit den Landwirten eine Lösung gefunden werden müsse, wenn
wir die Zeugen unserer Kulturgeschichte erhalten wollen, so Forthius.
Unter der Moderation von Hauke Jöns, wissenschaftlicher Direktor des
Niedersächsischen Institutes für Historische Küstenforschung in
Wilhelmshaven, entspann sich eine lebhafte Diskussion zu den
Ergebnissen des Projektes und den aufrüttelnden Vorträgen. Jöns, mit
Leib und Seele Archäologe, unterstrich die Notwendigkeit, die
Wissenschaft in Planung und Entwicklung unserer kulturhistorischen
Landschaft einzubeziehen.
Der Projektmanager von LancewadPlan im internationalen
Wattenmeersekretariat und Organisator der Konferenz, Manfred Vollmer,
hob noch einmal die Wichtigkeit der Zusammenarbeit sowohl der
Länderebenen als auch der unterschiedlichen Disziplinen und Sektoren
hervor. Nur mit vereinten Kräften aller Beteiligten seien die Belange
der Kulturgeschichte in der regionalen Planung und Entwicklung
gebührend zu berücksichtigen.
Die Konferenz endete mit der Erklärung der Teilnehmer, die Ergebnisse
der Tagung zu nutzen und das Netzwerk zum Erhalt und zur Entwicklung
unseres kulturellen Erbes weiter auszubauen und zu stärken. Es wurde
vereinbart, den Wissensaustausch zwischen den verantwortlichen
Organisationen und Instituten zu fördern und zunächst kleinere
Projekte auf den Weg zu bringen, die auch das Bewusstsein der
Bevölkerung gegenüber unserem Kulturerbe stärken sollen.
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